Legal, illegal – scheissegal?

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In der letzten Zeit kommt immer wieder die Frage nach Arduino-Klonen, -Kopien und Derivaten auf. Für den geschickt in China bestellenden Privatkäufer sind Klone und Derivate zu 1/4 bis 1/3 des originalen Preises erhältlich. Immer wieder warnen Webseiten oder dem Arduino-Projekt nahe stehende Personen vor Fälschungen – doch was ist legal, was ist illegal, wo sind Klone und Derivate erwünscht und wo „moralisch verwerflich“ oder gar strafrechtlich bedenklich?

Open Source Board Designs

Die meisten Board-Designs von Arduino-Platinen sind tatsächlich Open Source. Die Entscheidung dafür ist naheliegend: Nicht nur die Software sollte dazu einladen, sie zu verbessern sondern auch die Hardware, sie zu erweitern, zu verkleinern oder einfach umzubauen. Neben dem leicht nachzubauenden zweilagigen PCB war die Offenheit der Masken ein wichtiger Aspekt. Tatsächlich hat diese Entscheidung wohl viele Innovationen angespornt. Immer geschützt ist der Arduino-Schriftzug auf den Boards: Den dürfen nur offizell lizenzierte Boards tragen, der Kauf dieser Boards trägt denn auch zur Entwicklung der Software und der Community bei (Stand Februar 2015: dieser Aspekt ist etwas unklar). Bei der Abwägung, ob ein Klon guten Gewissens gekauft werden kann, spielen aber auch noch andere Aspekte wie USB IDs eine Rolle. Betrachten wir einzelne Platinentypen.

Platinen mit diesem Logo dürfen kopiert und erweitert werden - Markenzeichen, welche eine Verwechslung des Herstellers zur Folge haben, müssen jedoch entfernt werden!

Platinen mit diesem Logo dürfen kopiert und erweitert werden – Markenzeichen, welche eine Verwechslung des Herstellers zur Folge haben, müssen jedoch entfernt werden!

Arduino Uno R3

Der Uno R3 gilt als der Einstiegsarduino schlechthin: Er verträgt einen breiten Eingangsspannungsbereich und nutzt den sehr gut unterstützten Atmega328P als primären Microcontroller. Daneben ist beim Uno R3 ein Atmega16u2 aufgelötet, der hier nur die Rolle des USB-seriell-Wandlers übernimmt. Frühere Versionen des Uno nutzen einen USB-seriell-Wandler von FTDI. Bei Klonen sind drei Typen im Umlauf: Solche mit FTDI FT232R (erkennbar daran, dass der zweite µC zwei Reihen Beinchen hat und eben den Markennamen FTDI trägt – typischerweise 6 bis 12 Euro), andere mit Atmega16u2 (Beinchen an allen vier Seiten des Chips – typischerweise 8 bis 12 Euro) und solche mit chinesischem WCH USB-seriell-Wandler (ab 4 Euro). Klone, welche die USB IDs des Originals tragen, sind illegal, da USB IDs wie Markenzeichen geschützt sind – zudem sollten Sie die Trittbrettfahrer nicht unterstützen, da die Registrierung von USB IDs Geld kostet! Beim Kauf und Betrieb können folgende Probleme auftreten, die insbesondere für Einsteiger lästig bis unumschiffbar sind:

  • Bei WCH und FTDI müssen unter Windows in der Regel die Treiber von den Herstellerseiten installiert werden
  • Bei Varianten mit Atmega16u2, die korrekt eine andere USB ID verwenden, muss auf Basis der INF-Datei des originalen Boards eine eigene erstellt werden
  • Nicht immer sind zu 100% mit Arduino Uno R3 kompatible Bootloader installiert, beispielsweise bei WCH-Chips gelegentlich mit 57600 statt der beim Uno typischen 115200 Baud – im Zweifel „Arduino Pro/Pro Mini 5V 16MHz im Ports-Menü ausprobieren
  • Stellenweise ist gar kein Bootloader installiert – dann muss ein funktionierender Uno oder Pro Mini verwendet werden um einen zu schreiben!

Update, USB Vendor und Board ID des originalen Uno: 2341:0043 Arduino SA Uno R3 (CDC ACM) – diese darf nicht von Klonen benutzt werden!

Ganz legal: Diese Platine heisst Uno und fügt Lötaugen hinzu, als USB-seriell-Konverter kommt CH341 von WCH zum Einsatz

Ganz legal: Diese Platine heisst „Uno“ und fügt Lötaugen hinzu, als USB-seriell-Konverter kommt CH341 von WCH zum Einsatz – Aber: Die Einrichtung ist aufwendiger, der Bootloader (sofern vorhanden) nicht zwingend zum Original Uno R3 kompatibel

Für Nutzer mit Arduino-Erfahrung stellen diese Unterschiede zum Original kein großes Problem dar. Werden beispielsweise für ein Schul- oder Hochschulprojekt 50 Platinen mit Atmega328 im Uno-Layout benötigt, ist die WCH-Variante oft eine günstige Variante, die jedoch vom Leiter des Projektes erfordert, die Platinen zu testen, gegebenenfalls einen Bootloader zu installieren, Unterschiede zum Original zu dokumentieren und gegebenenfalls INF-Dateien für Windows bereitzustellen.

Für den Arduino-Einstieg ist der Frustfaktor bei den Klonen oft zu hoch, so dass ich empfehle, dass die erste Arduino-PLatine ein originaler Uno sein sollte. Und fortgeschrittenere Nutzer setzen gerade in dauerhaften Projekten auf flexiblere Platinen…

Mini/Pro Mini

Recht schnell nach Arduino Duemilanove kamen die ersten „Pro“ Versionen auf. Bei diesen handelte es sich um Platinen im Uno-Layout, die jedoch auf den USB-seriell-Wandler verzichteten und oft auch den Spannungswandler außer vor ließen. Diese Platinen konnten 30% bis 50% billiger angeboten werden, erforderten aber immer noch die auf dem versetzten Headerelement basierenden Shields. Mit stärkerer Verbreitung von SMD-Bauteilen kamen die „Mini“ oder „Pro Mini“ genannten Platinen auf, welche zwei parallele Pin-Reihen verwenden. Das macht sie praktisch für den Einsatz auf dem Breadboard, erleichtert aber auch selbst gelötete Shields aus Loch- oder Streifenrasterplatine. Sparkfun lizenzierte für diese den Arduino-Namen und gab die kompletten PCB-Dateien frei. In der Folge entstanden chinesische und europäische Klone und Derivate.

Links: Ein chinesischer Pro Mini, der den Sparkfun-Schriftzug und "www.arduino.cc" trägt - diese Platine darf nicht verkauft werden! Mitte: Eine pfiffige Weiterentwicklung mit günstig platzierten Pins. Rechts: Watterotts in Deutschland gelötete Platine ist etwas teurer.

Links: Ein chinesischer Pro Mini, der den Sparkfun-Schriftzug und „www.arduino.cc“ trägt – diese Platine darf nicht verkauft werden! Mitte: Eine pfiffige Weiterentwicklung mit günstig platzierten Pins. Rechts: Watterotts in Deutschland gelötete Platine ist etwas teurer.

Wie bei anderen Platinen gilt, dass Platinen, die auf dem Antistatik-Beutel „Made in China“ tragen auf dem PCB kein „Made in Italy“, keinen Arduino-Schriftzug und nicht die URL „www.arduino.cc“ tragen dürfen. Einige chinesische Fertiger übernahmen Sparkfuns Boarddesigns bis ins letzte Detail der Schriftzüge. Banggood wies ich darauf hin – mit der Information, dass Platinen mit dem Arduino-Schriftzug möglicherweise beim Zoll einbehalten würden -, man versicherte mir nach einigen Tagen, dass der Hersteller informiert sei und bei der nächsten Fertigungsrunde die PCBs um den Schriftzug bereinigen würde. Abgesehen davon habe ich zwei pfiffige Weiterentwicklungen des originalen Designs ausgemacht:

Beide machen die Pins A6 und A7 verfügbar. Sie fehlen dem ursprünglichen Design von Duemilanove und Uno – einfach, weil die DIL28-Variante des Atmega328 diese Pins nicht nach außen führt, die SMD-Version dagegen schon. Bei der Bestellung bei Banggood kann es dagegen vorkommen, dass der Bootloader fehlt oder nicht kompatibel ist… Das kommt in einem von tausend Fällen wohl auch bei Watterott vor, nur tauscht in diesem Fall Watterott die Platine schnell und formlos aus, wenn man den Bootloader nich selbst installieren kann oder möchte.

Amazon und eBay

Bei den auf Amazon und eBay als „Arduino kompatibel“ beworbenen Platinen gibt es zwei Probleme:

  • Häufig ist nicht oder sehr schwer auszumachen, wo der Händler sitzt – beim Versand aus dem Nicht-EU-Ausland muss ggf. mit langen Wartezeiten und Einfuhrumsatzsteuernachzahlungen gerechnet werden
  • Es kommt gelegentlich vor, dass Versionen mit WCH-Chip durch solche mit FTDI oder Atmega16u2 ersetzt werden oder vice versa – auf Produktbilder und -beschreibungen ist daher nur eingeschränkt Verlass

Mein Fazit

Für Uno-Klone sehe ich wenig Bedarf – bei fest verbauten Microcontrollern wird meist keine dauerhaft vorhandene USB-Schnittstelle benötigt, Pro Minis, Wattuinos oder Rasterduinos erfüllen den Zweck und sind schön kompakt. Sollen für ein Schul- oder Uniprojekt Platinen mit USB-Schnittstelle und Shield-Kompatibilität zum Uno R3 angeschafft werden, ist es am Dozenten, die Platinen in Augenschein zu nehmen, Abweichungen zum Original zu dokumentieren, Treiber herauszusuchen und gegebenenfalls anzupassen und schlimmstenfalls fehlende Bootloader nachzuinstallieren.

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